Spannende Pirsch auf Breitschnäbel

Stockenten lassen sich beinahe in jedem Revier bejagen. Dazu braucht man keine schilfgesäumten großen Seen. Für eine spannende Jagd allein mit seinem Hund oder mit einer Hand voll Jäger lohnt sich die Pirsch auf Wildenten, um an den einen oder anderen schmackhaften Gaumenschmaus zu kommen. 

Raureif sitzt auf den Grasspitzen und ziert die langen Schilffahnen am Ufer des kleinen Flüsschens, dass sich stark mäandrierend durch das weite Wiesental schlängelt. Immer wieder münden Gräben zur Entwässerung der Wiesenflächen dort ein und schieben den mitgebrachten Sand wie ein Minidelta vor sich her. Bereits an den Vortagen habe ich aus der Entfernung und von den befahrbaren Brücken die Flussabschnitte mit dem Fernglas eingesehen und erkundet. So auch heute Morgen. Es liegen einige Schofe an den flacheren Gleithängen des Flüsschens, zudem sitzen einzelne auf den Erlenstämmen, die der Biber nach und nach ins Wasser gefällt hat, fetten ihr Gefieder oder ruhen auf einem Ruder, den Kopf ins Gefieder geschoben.   


© Wildmeister Matthias Meyer | Stockenten nehmen gerne im Wasser liegende Baumstämme an, um sich zu putzen oder auszuruhen.

An jedem Fließgewässer im Revier finden sich Stockenten. Egal ob an einem Fluss, einem schnell fließenden Bach oder einem langsam dahinziehenden Graben fallen Enten ein, um nach Nahrung zu gründeln oder sich auszuruhen. Insbesondere wenn die Fischteiche abgelassen sind und sich auf den großen Wasserflächen Eis bildet, weichen die Breitschnäbel auf die Fließgewässer aus. Immer wieder sind es dabei dieselben Stellen, die die Enten bevorzugt aufsuchen. Stellen, wo das Wasser langsam fließt, wo sich die Strömung strudelt oder sich angeschwemmter Sand zu Sandbänken aufbaut und so genügend Flachwasserbereiche zur Nahrungssuche bieten. Wo Erlen und Weiden das Fließgewässer begleiten, finden sie unter dem überhängenden Ufer sicheren Aufenthalt gegenüber dem Habicht, der gerne entlang der Gehölze am Fluss jagt. Wenngleich der jagdliche Erfolg bei Frost am besten ist, sollten wir die Entenpirsch gerade dann nicht zu oft ausüben, denn gerade jetzt hat auch die Ente Notzeit und muss mit ihren Energiereserven sparsam umgehen. Doch auch bei offenem Wetter hält die Störung einer Jagd sicherlich vierzehn Tage an. 


© Wildmeister Matthias Meyer | Wenn im Winter die Fischteiche abgelassen und die stehenden Gewässer zugefroren sind, findet der Jäger die Enten an den noch offenen Fließgewässern.

Um die Enten im Revier zu binden und dem Nahrungsmangel im Winter entgegenzuwirken, können Kirrungen helfen. Auf geeigneten Futterflößen bieten wir den Breitschnäbeln Getreide, Mais oder Eicheln. Es hat sich bewährt, die Flöße in Abständen von wenigen hundert Metern an besonders langsam fließenden Stellen am Ufer mit feinen Ketten oder dünnen Drahtseilen zu verankern. So können sie sich dem schwankenden Wasserpegel anpassen und den Enten stets trockenes Futter bieten. Statt Unmengen von Druschabfall anzufahren (was auch fast überall aufgrund der Gewässereutrophierung untersagt ist), sollten wir uns die Arbeit machen, morgens oder am frühen Vormittag kleine Mengen an reinem Futter auszubringen. So wird es täglich geholt und die Enten stellen sich auf den Zeitpunkt der Vorlage ein. Soll dann tagsüber gepirscht werden, treffen wir sie sicher auch dort an. 


© Wildmeister Matthias Meyer | Immer häufiger trifft man im Winter auch die Nilgänse an. Wo sie Jagdzeit haben, sollten sie als Neozoen unbedingt erlegt werden 

Wir sind an diesem kalten Vormittag zu dritt. Zwei auf der Wasserjagd erfahrene Vorstehhunde begleiten uns. Der Plan ist, dass wir breit gefächert mit einer knappen Schrotschussweite von 20- 25 Metern zueinander die einzelnen Flussabschnitte so angehen, dass wir unbemerkt von den Enten bis fast ans Ufer gelangen. Entlang des kleinen Flüsschens nutzen die meisten Landwirte das Uferstreifenprogramm, das in erster Linie wegen des hier häufig vorkommenden Bibers aufgelegt wurde. Nahezu alle zehn Meter finden wir die tief ausgetretenen Rutschen der großen Nager. Ihre Baue befinden sich weit im Uferbereich und würden unter der Last der schweren Traktoren sicher einbrechen. Dank der beruhigten Uferzone wächst überall ein wenige Meter breiter Schilfstreifen. Er bietet gute Deckung für uns Jäger beim Angehen, aber auch sicheren Sicht- und Windschutz für das Wasserwild, falls Hochwasser das gesamte Bett ausfüllen. 


© Wildmeister Matthias Meyer | Wo der Biber vorkommt, findet die Ente sehr naturnahe Gewässer vor.


© Wildmeister Matthias Meyer | Das Wasserwild sitzt am Fließgewässer meist am Ufer. Dank der höheren Uferböschung kommen die Jäger auf gute Schrotschussweite heran.

Es macht wenig Sinn, das Fließgewässer am Ufer oder beiderseits entlangzulaufen. Zu groß wäre die Gefahr, dass versteckt liegende Enten den Jäger entdecken und vorzeitig verstreichen. Sinnvoller ist es da, sich vorher Kenntnisse über die beliebten Stellen zu verschaffen und diese dann stets von der Landseite direkt anzugehen. Auch wenn die Fließgeschwindigkeit in unserem Fall eher gering ist, gehen die Hundeführer an die Außenposten der kleinen Schützenlinie. Der auf der Entenjagd erfahrenste Hund steht dabei stromabwärts, damit möglichst keine Beute verloren geht. So können sie die heruntergefallenen Enten schnell nachsuchen. Das Prozedere des Angehens ist immer gleich. Mit maximal 25 Metern Abstand gehen die Jäger in einer Linie auf den Gewässerabschnitt zu und versuchen, die vorher bestätigten Enten möglichst in der Mitte zu wissen. Auf lautlose Verständigung hin gehen die Jäger das Ufer an und heben die Enten. Stimmen Schussentfernung und Sicherheit, kann auf die aufstehenden Breitschnäbel geschossen werden.  

Dabei ist der Schuss seitlich oder häufiger von hinten auf die wegstreichende Ente deutlich effektiver und vor allem Wildbret schonender als der frontale Schuss auf die gut bemuskelte Brust der einfallenden Enten beim Abendstrich. An unserem mit durchschnittlich fünfzehn Metern doch eher schmalen Fluss streichen die Enten fast immer direkt von uns weg und so gut wie nie den Flusslauf entlang. So haben wir Zeit, mit dem Schuss zu warten, bis sie über dem gegenüberliegenden Land sind. Das erspart uns, die Hunde unnötig in der kalten Jahreszeit im Wasser arbeiten zu müssen. Bis auf die eine oder andere geflügelte Ente, können die übrigen Enten so später auf der anderen Seite eingesammelt werden. Die Hunde stehen, wie es der Gesetzgeber fordert, nur für Nachsuchen bereit. Erfahrene Schützen merken sich die Anzahl und ungefähre Lage der erlegten Enten pro Jagdabschnitt. Mit drei bis vier solcher Abschnitte ist wieder die nächste Brücke erreicht. Trockenen Fußes queren wir den Fluss und bergen das erlegte Wasserwild. 


© Wildmeister Matthias Meyer | Für die Wasserjagd ist der gut ausgebildete Vorstehhund erste Wahl. Nur zu oft sind seine feine Nase, sein Arbeitswille und der sichere Apport der einzige Weg zum Erfolg.

Doch nicht immer fallen die Enten tot vom Himmel. Gerade wenn sie mit dem am Gewässer vorgeschriebenen Stahl- oder Weicheisenschroten beschossen werden, erwacht nicht nur bei den geflügelten Enten der Fluchttrieb. Nehmen kranke Enten das Wasser an, setzen sie sich meist stromabwärts ab oder tauchen häufig vor dem Hund. Der erfahrene Hund wird die Geflügelte aber unter dem überhängenden Ufer aufstöbern. Ist sie weit genug vor dem Hund, darf mit dem Fangschuss nicht gewartet werden, um dem Jagdhelfer die Arbeit im eiskalten Wasser nicht unnötig zu strapazieren. Ohnehin werden wir nur mit harten und wasserfreudigen Hunden bei niedrigen Temperaturen erfolgreich sein. Der gut ausgebildete Wasserhund hält stets Kontakt zu seinem Herrn, lässt sich mit Sichtzeichen einweisen und hat es in seiner Ausbildung gelernt, sich auch über breite offene Wasserflächen schicken zu lassen. Nach jedem Einsatz im Wasser sollten wir den Hund ausgiebig schütteln und rennen lassen, spätestens am Ende der Jagd mit einem Tuch abtrocknen und ihn in einen warmen Raum mitnehmen. Eine Standheizung im Jagdfahrzeug wäre optimal. 


© Wildmeister Matthias Meyer | Drückt der Hund die geflügelte Ente aus der Deckung, muss der Jäger zügig schießen, wenn sie weit genug vor dem Hund ist, damit dieser nicht durch Randschrote verletzt wird – eine verantwortungsvolle Aufgabe. 

Wie bei allen Jagden auf Niederwild ist auch bei der Jagd auf Wasserwild die gut liegende Flinte Basis für den erfolgreichen Schrotschuss. Da mittlerweile fast überall im Land bei der Jagd an Gewässern bleifreie Schrotmunition Vorschrift ist, sollte die Schrotgröße mit drei bis dreieinhalb Millimetern etwas größer gewählt werden, um annähernd die gleiche Wirkung wie mit Bleischroten zu erzielen. Eine Schrotvorlage von 32 Gramm hat sich als ausreichend gezeigt, denn die durchschnittliche Schussdistanz ist bei der Jagd an Fließgewässern mit unter 30 Metern doch eher gering. Aus eben diesem Grund setzen wir auf eine Flinte mit offener oder geringer Chokebohrung oder verwenden jagdliche Streupatronen. Auf spezielle Tarnkleidung kann im Gegensatz zum Entenstrich bei der Pirsch auf Breitschnäbel an Fließgewässern gern verzichtet werden, denn in den meisten Fällen liegt der Wasserspiegel deutlich unter der Uferkante. So können die Enten nur selten darüber hinaussehen und werden eher vom angehenden Jäger plötzlich überrascht. 

An manchen Tagen gelingt es uns sogar, den einen oder anderen Kormoran zu erlegen, wenn wir mit den Hunden den Schilfrand absuchen. Es hat sich bewährt, dass immer einer weit vorausschaut und anstreichende Kormorane ankündigt. In das hohe und deckende Schilf gedrückt, erwarten wir die Wasserraben, wenn sie meistens in Anlehnung an den Flusslauf fliegen, denn in Abständen fallen sie in abgestorbene Erlen ein, um dort ihr Gefieder zu trocknen. Doch Kormorane sind nicht nur schusshart, sondern oft auch etwas höher unterwegs, so dass leistungsstarke Patronen notwendig sind. Das Umstecken von Semimagnum- Patronen hat sich dafür gut bewährt.  


© Wildmeister Matthias Meyer | Bei der Pirsch auf Enten kommen immer wieder Kormorane in Anblick. Wo sie bejagt werden dürfen, zeigt der Jäger Schulterschluss mit den Fischern.

Für zusätzliche Überraschungen bei unserer kleinen Entenpirsch sorgt auch die eine oder andere Schilffläche, die in den größeren Flussbiegungen häufig sind. Immer wieder ziehen die Hunde bei gutem Wind an und verraten so den Fuchs, der sich gern tagsüber dort steckt. Zum Stöbern geschnallt, wird der sich unter Ausnutzung der Uferdeckung davonstehlende Rotrock von dem Hund laut verfolgt und von einem vorgestellten Schützen sicher erlegt. 

Über die Jahre erfreuen sich diese gemütlichen Jagden in kleiner Runde großer Beliebtheit und sind immer ein Highlight zwischen den Jahren, wenn es dann bei einem guten Wein zum Abschluss zarte Entenbrust zu essen gibt.

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